Forscher beziffern wirtschaftliche Potenziale von 6G

Neue Studie der VDI/VDE-IT zur nächsten Mobilfunk-Generation

21.05.2025
  • Studie zeigt: 6G mindert Fachkräftemangel bis zum Jahr 2050 potenziell um rund 700.000 und ist Schlüsseltechnologie für Digitalisierung und Automatisierung
  • Bruttoinlandprodukt steigt laut Berechnungen um 1,8 Prozent allein durch 6G
  • Wachstumsbeschleuniger für Verarbeitendes Gewerbe und Handel: Produktions-Plus von mehr als 2,5 Prozent erwartet


Berlin, 19. Mai 2025 – Der Fachkräftemangel kostet die deutsche Wirtschaft bereits jetzt Milliarden. Stringente Digitalisierung und kluge Automatisierung können dieses Problem abfedern. Laut einer Studie der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH (GWS) spielt der zukünftige Mobilfunk dabei eine Schlüsselrolle. Der Übertragungsstandard schließt die Arbeitskräftelücke bis zum Jahr 2050 um rund 700.000 Menschen und steigert gleichzeitig das Wirtschaftswachstum mit einem prognostizierten Anstieg des Bruttoinlandprodukts (BIP) um 1,8 Prozent. Besonders große Chancen entstehen unter anderem für Industrie, Logistik, das Gesundheitswesen und die Agrarwirtschaft. Um die Potenziale heben zu können, gilt es schon heute weiter konsequent zu handeln und die Brücke von 5G zu 6G zu schlagen.

6G als Strukturhebel am Arbeitsmarkt: Am meisten profitiert Verarbeitendes Gewerbe

Die Studie „Alles vernetzt, alles möglich“ prognostiziert zukunftsweisende Umstrukturierungen des Arbeitsmarkts durch 6G. Der neue Mobilfunk habe das Potenzial, das technologische Ökosystem neu zu definieren und entwickele sich mit seinen erhöhten Kapazitäten, extrem niedriger Latenz, hoher Zuverlässigkeit und verbesserten Datenschutzmaßnahmen zu einer transformativen Kraft. Die Technologie wirke aber nicht allein, sondern entfalte ihr Potenzial im Zusammenspiel mit Künstlicher Intelligenz und weiteren Technologien. 6G ist somit auch eine entscheidende Antwort auf die Probleme des demografischen Wandels und sichert mit neuen technologischen Lösungen Versorgungsqualität, Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Resilienz am Standort Deutschland.

Die Studie sagt voraus, dass Veränderungen durch 6G eher langsam sichtbar werden. Bis zum Jahr 2035 seien kaum große Umwälzungen zu erwarten. Erst im Jahr 2050 zeigen sich durch den Ausbau des 6G-Netzes und damit verbundenen Effizienzgewinnen und Automatisierungen Veränderungen in den Arbeitsbedarfen (s. Abb. 1). Der Einsatz von 6G schließt laut der Berechnungen zu diesem Zeitpunkt eine Lücke von 700.000 Menschen auf einem angespannten Arbeitsmarkt. Besonders Arbeitskräfte aus dem Verarbeitenden Gewerbe und Handel können mit passenden Umschulungen und Weiterbildungen in anderen Bereichen eingesetzt werden. In den unternehmensnahen Dienstleistungen wächst der Bedarf an Arbeitskräften um 70.000. 

 

Abb. 1: Veränderungen in den Arbeitsbedarfen in Tsd. Personen, Szenarien-Vergleich (eigene Berechnung auf Basis des GWS-Modells INFORGE)

6G als langfristiger Katalysator für Produktion und Wirtschaft – BIP-Wachstum von 1,8 Prozent

Die Wirtschaft profitiert nicht sofort von Investitionen und der Implementierung von 6G. Im Gegenteil: Durch den immer höheren Fachkräftemangel steigen in den Jahren 2025 bis 2030 die Löhne und damit auch die Produktionskosten. Die Folge ist eine verminderte Wettbewerbsfähigkeit und der Rückgang von Exporten. Gleichzeitig steigen die Verbraucherpreise, was den privaten Konsum dämpft.

Ab dem Jahr 2030 fließen Investitionen in den Ausbau der 6G-Infrastruktur, vor allem in den Bau und die technische Ausrüstung. Die gesamtwirtschaftlichen Impulse bleiben zunächst schwach, da viele Komponenten weiterhin aus dem Ausland importiert werden müssen (s. Abb. 2). Erst ab dem Jahr 2040 und in den Folgejahren lassen sich deutlich positive Wachstumseffekte beobachten. Das BIP wird laut Berechnungen durch den Ausbau und die Nutzung von 6G im Jahr 2050 um 1,8 Prozent steigen. Zusätzlich ist mit einem Zuwachs von Exporten der 6G-Technologie zu rechnen, die für die Implementierungen einer wettbewerbsfähigen europäischen Industrie sorgen.

Abb. 2: Wirkung des 6G-Ausbaus auf die preisbereinigten Komponenten des Bruttoinlandsproduktes in Prozent, Szenarien-Vergleich (eigene Berechnung auf Basis des GWS-Modells INFORGE).

Über 2,5 Prozent Produktionssteigerung für Handel und Verarbeitendes Gewerbe

Nach einer Investitions- und Ausbauphase der Jahre 2025 bis 2035 folgt ab 2035 die Umsetzungs- und Nutzungsphase von 6G. Laut Studie sind nun Strukturveränderungen in der Produktion zu erkennen. Im Vergleich zum Referenzszenario ohne 6G lässt sich im Verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe ein Produktionszuwachs beobachten. Ab dem Jahr 2050 ist die Produktionssteigerung in allen Branchen erreicht, wobei Handel und Verarbeitendes Gewerbe mit mehr als 2,5 Prozent den größten Zuwachs zeigen. Eine Ausnahme bildet der Bereich „Bergbau, Energieversorgung“, in dem die Produktion zurückgeht. Die Entwicklung lässt sich durch Effizienzsteigerungen in anderen Branchen durch den Einsatz von 6G-Technologien erklären. Der sinkende Energiebedarf dämpft die Nachfrage, wodurch die Produktion im Energiesektor unter dem Referenzszenario bleibt.

Abb. 3: Relative Veränderungen in der realen Produktion durch 6G-Ausbau im Vergleich zur Referenz (eigene Berechnung auf Basis des GWS-Modells INFORGE)

Weitere Aspekte der Studie:

  • Überblick zum Stand von 6G und den zu erwartenden Entwicklungen rund um das Thema Standardisierung und Ausbau von Infrastrukturen
  • Lehren aus 5G: Was lief im Implementierungsprozess schief und wie können wir die Fehler der Vergangenheit bei 6G vermeiden?
  • Anwendungsszenarien im Gesundheitsbereich, Transportwirtschaft & Co: schöne neue 6G-Welt
  • 6G als Schlüssel für digitale Souveränität und wie Europa sich möglichst große Unabhängigkeit sichern kann

Die gesamte Studie steht hier zum Download bereit.

Einblicke zum Thema erhalten Sie außerdem im Rahmen der Diskussion „Alles vernetzt, alles möglich – intelligentes Netz für den Mittelstand, Resilienz für Deutschland“, die heute, am 19. Mai von 14:30 Uhr bis 15:45 Uhr auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum mit hochkarätigen Gästen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft stattfindet. Sie können die Diskussion im Live-Stream verfolgen.

Dabei sind neben dem Geschäftsführer der VDI/VDE-IT Peter Dortans u.a. Santosh Wadwa, Vice President - Head of Platform Business Germany, Fujitsu Deutschland und Alfons Lösing, Chief Partner & Wholesale Officer und Mitglied des Vorstands, o2 Telefónica Deutschland. Im Nachgang können Sie sich die Podiumsdiskussion hier noch einmal anschauen

Hintergrundinformationen zur Studie „Alles vernetzt, alles möglich“

Die Studie wurde in Kooperation mit der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH durchgeführt. Sie stützt sich auf quantitative, modellbasierte Szenario-Analysen, die durch Einschätzungen von verschiedenen Experten ergänzt werden. Die Szenario-Analysen basieren auf folgenden Annahmen: Zwischen 2025 und 2035 findet eine Investitionsphase in den Ausbau des 6G-Netzes statt. Ab 2035 wird 6G in der Produktion eingesetzt und führt auf der einen Seite zu Gewinnen in der Arbeitsproduktivität und auf der anderen Seite zu höheren Löhnen für hochqualifizierte Fachkräfte. Die Ergebnisse vergleichen jeweils eine Projektion mit Annahmen zum 6G-Ausbau mit der Basisprojektion ohne 6G-Einführung (Referenzszenario).

VDI/VDE Innovation + Technik GmbH

Die VDI/VDE-IT unterstützt und berät mit rund 1.000 Mitarbeitenden bei der Analyse komplexer Vorhaben oder Marktsituationen, bei umfassenden Transformationsprozessen sowie in der Förderung mit Forschungsprogram­men aus Bund, Ländern und EU und bei der Organisation von Geschäftsstellen oder Kontaktbüros für Forschung und Wirtschaft. Als Projektträger bietet die VDI/VDE-IT für jeden Schritt im Innovations­prozess die passende Lösung. In Deutschland ist das Unternehmen an sieben Standorten vertreten: in Berlin, Dresden, München, Bonn, Hannover, Erfurt und Stuttgart.

Pressekontakt: Stephanie Tanzel, medien@vdivde-it.de, 030/310078-127
VDI/VDE Innovation + Technik GmbH (VDI/VDE-IT), Steinplatz 1, 10623 Berlin, www.vdivde-it.de

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