Der Rheingau zählt nicht nur zu den renommiertesten Weinbauregionen Deutschlands, sondern ist eine Kulturlandschaft mit erheblicher ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Bedeutung. Mit rund 3200 Hektar bestockter Rebfläche ist die Region stark vom Weinbau geprägt. Allerdings gefährden der demografische Wandel, Klimafolgen, der Strukturwandel in der Weinvermarktung, eine zurückgehende Nachfrage nach Wein, Fachkräftemangel und steigende Produktionskosten die Tragfähigkeit vieler Betriebe. In den nächsten Jahren könnten insbesondere in Steillagen bis zu 300 Hektar Rebfläche aufgegeben werden.

Wir verstehen die Kulturlandschaft als Katalysator. In unseren regional-ökonomischen Analysen betrachten wir Kulturlandschaften wie jene im Rheingau als dynamische Querschnittssysteme, die branchenübergreifend wirken. Die Kulturlandschaft ist mehr als nur Kulisse – sie ermöglicht, stimuliert und vernetzt Wertschöpfung über den Vorleistungsverbund zwischen Branchen. In diesem Sinne wirkt sie als Katalysator wirtschaftlicher und sozialer Prozesse in Landwirtschaft, Tourismus, Gewerbe und öffentlicher Infrastruktur. Vor diesem Hintergrund sehen wir in der drohenden Aufgabe markanter Lagen – insbesondere der Steillagen – nicht nur einen agrarstrukturellen, sondern einen strukturell-regionalwirtschaftlichen Kipppunkt, der weitreichende Folgen für Beschäftigung, Einkommen, Investitionsbereitschaft und Lebensqualität haben kann.

Unser Ziel ist es, im Rahmen dieses Forschungsansatzes die gesamtheitliche Bedeutung der Kulturlandschaft Rheingau quantifizierbar zu machen – ökonomisch, sozial, ökologisch. Aufbauend auf bestehenden Datengrundlagen (z. B. Hochschule Geisenheim, Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut für Fremdenverkehr e. V. (DWIF), Statistisches Bundesamt, Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) und in engem Austausch mit regionalen Akteuren wie beispielsweise der Rheingau-Taunus Kultur und Tourismus GmbH, Rheingauer Weinwerbung GmbH, Rheingauer Weinbauverband e. V. oder auch dem Zweckverband Rheingau verfolgen wir einen integrierten Analyseansatz, der folgende Elemente umfasst:

• Regionalwirtschaftliche Modellierung (Wertschöpfung, Arbeitsplätze, Haushaltseffekte)
• Szenarien zu Klimafolgenanpassung, Nachnutzung und Flächenwandel
• Indikatorenentwicklung für Kulturlandschaftswert, Transformationskosten und Resilienz
• Politikorientierte Handlungsempfehlungen für kommunale und Landesebene