Alles vernetzt, alles möglich.
Börner, K., Plassenberg, J., Schürholz, M., Stöver, B. & Stubbe, J. (2025): Alles vernetzt, alles möglich. Wirtschaftliche Chancen für Industrie und Mittelstand in Deutschland durch 6G-Mobilfunk in Zeiten sich ändernder geopolitischer Rahmenbedingungen. Studie der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH und der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH, Berlin.Abstract
6G – die ZUKUNFT DES MOBILFUNKS beginnt heute
Im März 2025 fiel in Südkorea der internationale Startschuss für die Standardisierung der 6. Generation des Mobilfunks – 6G. Parallel dazu wurden im März die Ergebnisse einer öffentlichen Konsultation zum aktuellen Stand der Nutzung von 5G in der deutschen Industrie veröffentlicht. Die Potenziale von Mobilfunktechnologien werden aktuell in der Fachöffentlichkeit lebhaft diskutiert. Die für diese Studie befragten Fachleute betonen, dass die wirtschaftliche Wirksamkeit von 6G stark von der tatsächlichen Umsetzung abhängt. Entscheidend ist, dass die Technologie praxistauglich, wirtschaftlich tragfähig und regulatorisch eingebettet eingeführt werde. Ohne entsprechende Geschäftsmodelle, Kostensicherheit und Anwendungsunterstützung bestehe die Gefahr, dass das volle Potenzial nicht ausgeschöpft werde – wie es bereits bei 5G in Teilen zu beobachten ist.
6G wird das verbindende NETZWERK DER DIGITALEN TRANSFORMATION
Während bei 5G die industrielle Nutzung im Vordergrund steht, wird mit 6G, das ab dem Jahr 2030 eingeführt werden soll, eine umfassende Mensch-Maschine-Kollaboration und Service-Integration möglich. 6G wird damit das verbindende Netzwerk der digitalen Transformation in den wesentlichen Wirtschaftszweigen Deutschlands. Auch zukünftige 6G-Campusnetze – lokal begrenzte Mobilfunknetze beispielsweise in Werkshallen oder an Produktionsstandorten – sollen die Versprechen der Vergangenheit endlich einlösen, neue Anwendungen ermöglichen und bedarfsoptimierte, kostengünstige und interoperable Lösungen bieten. Innovative kleine und mittlere Unternehmen können dabei einen starken Beitrag leisten und für Herstellerdiversität sowie gesunden Wettbewerb sorgen. 6G wird nicht nur eine neue Breitbandinfrastruktur, sondern eine Serviceplattform für Dienste mit Künstlicher Intelligenz (KI) bieten und Infrastrukturentwicklung dort antreiben, wo Automatisierung, Prozessintegration und datengestützte Steuerung bislang durch mangelnde Konnektivität begrenzt waren.
6G federt MIT KÜNSTLICHER INTELLIGENZ UND ROBOTIK den Fachkräftemangel durch smarte Automatisierung ab
Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass 6G im Zusammenwirken mit Künstlicher Intelligenz und Robotik den Fachkräftemangel durch smarte Automatisierung abfedern kann und zu einem nachhaltigen Strukturwandel beiträgt. 6G kann daher als Strukturhebel verstanden werden. Der Einsatz von 6G für kooperative autonome Systeme eröffnet Chancen für die deutsche Wirtschaft, beispielsweise für den Einsatz von Lastfahrzeugen in industriellen Hallen oder für den automatisierten Betrieb von Arbeitsgeräten in der Landwirtschaft. Darüber hinaus profitiert von der Entwicklung der zugrundeliegenden Technologien in Deutschland maßgeblich auch die Automobilbranche und die gesamte Zulieferungskette. Dies bedeutet jedoch keine Bedrohung für die Arbeitnehmer, sondern ist eine notwendige Reaktion auf demografische und strukturelle Herausforderungen. Es werden also keine Arbeitsplätze ersetzt, sondern bestehende Engpässe kompensiert und die Produktivität gesteigert. Insbesondere in der alternden Gesellschaft Deutschlands mit schrumpfender Erwerbsbevölkerung ist diese Form der technologischen Unterstützung zentral, um Versorgungsqualität, Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Resilienz aufrechtzuerhalten. Insbesondere auch im Osten Deutschlands liegen Innovationspotenziale in der Softwareentwicklung, dem Handwerk, der Gesundheitsversorgung, der Chipfertigung und der Landwirtschaft. Das Handwerk, die Gesundheitsversorgung und die Landwirtschaft profitieren vor allem von der allgegenwärtigen Vernetzung und den smarten Systemen, die Aufgaben übernehmen können, für die heutzutage die Fachkräfte fehlen.
6G wird zum Instrument für GESELLSCHAFTLICHE TEILHABE, Daseins- vorsorge und regionale Entwicklung
Technologische Teilhabe ist zunehmend eine Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe – etwa bei Zugang zu Informationen, Mobilität, Gesundheit oder Bildung. 6G wird daher nicht nur infrastrukturelle Grundlage für wirtschaftliche Anwendungen, sondern auch ein Instrument für gesellschaftliche Teilhabe, Daseinsvorsorge und regionale Entwicklung. Digitale Angebote und Leistungen können mit 6G mittels nicht-terrestrischen Netzen (unter anderem Drohnen und Satelliten) auch in bisher unterversorgte Regionen gebracht werden. Ärztinnen und Ärzte können damit leichter aus der Ferne Untersuchungen durchführen. 6G ermöglicht Anwendungen, die zum Beispiel auch Pflegenotstände lindern. Für die digitale Gesellschaft wird 6G zum Nervensystem. In ostdeutschen Regionen – etwa in der Chipfertigung (Dresden), Softwareentwicklung (Berlin) oder der experimentellen Landwirtschaft (Sachsen) – könnten sich laut Einschätzung einiger interviewter Fachleute regionale Innovationscluster herausbilden, die von der Technologie überdurchschnittlich profitieren.