Arbeitskräftebedarf und Arbeitskräfteangebot entlang der Wertschöpfungskette Wasserstoff – Szenario-v2.1.

Ronsiek, L., Schneemann, Ch., Mönnig, A., Samray, D., Schroer, J. P., Schur, A. C. & Zenk, J. (2024): Arbeitskräftebedarf und Arbeitskräfteangebot entlang der Wertschöpfungskette Wasserstoff – Szenario-v2.1. IAB-Forschungsbericht 07/2024, Nürnberg.

Abstract

Wasserstoff kann einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten und gleichzeitig die Abhängigkeit von Lieferländern für fossile Energieträger und Grundstoffe reduzieren.

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projektes „Arbeitskräftebedarf und Arbeitskräfteangebot entlang der Wertschöpfungskette Wasserstoff“ beschreibt der vorliegende Forschungsbericht anhand einer Szenarioanalyse, wie sich der Aufbau einer Wertschöpfungskette für grünen Wasserstoff auf die Wirtschaftsleistung und den Arbeitsmarkt bis 2045 auswirken kann. Die Wertschöpfungskette umfasst dabei die Erzeugung von Wasserstoff, dessen Nutzung als Energieträger und Grundstoff, die Herstellung von und die Investitionen in Wasserstofftechnologien, den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur, die Weiterverarbeitung von Wasserstoff zu Wasserstoffderivaten wie Ammoniak oder Methanol und nicht zuletzt auch den Bildungsbereich zur Vermittlung einschlägiger beruflicher Kenntnisse. Auf Basis von makroökonomischen Modellrechnungen werden ein Szenario ohne den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft (Referenz-Szenario) und ein Szenario, das Annahmen zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft enthält (Alternativ-Szenario „Wasserstoff-Szenario-v2.1“) miteinander verglichen. Das Alternativ-Szenario basiert auf dem Wasserstoff-Szenario-v2.0, welches in einem BIBB-Discussion-Paper vorgestellt wurde. Die Annahmen aus diesem Szenario wurden aktualisiert und ergänzt, weshalb ein direkter Vergleich zwischen den beiden Alternativ-Szenarien nur bedingt möglich ist.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft bis 2035 positiv auf das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt auswirkt. Dies ist vor allem auf zusätzliche Ausrüstungs- und Bauinvestitionen sowie höhere private Konsumausgaben zurückzuführen. Ab 2036 schwächen sich die positiven Impulse ab und es kommt insgesamt zu dämpfenden Wirkungen auf das BIP. Hauptverantwortlich dafür sind die dann höheren Importe. Über den gesamten Projektionszeitraum von 2024 bis 2045 betrachtet, liegt das BIP im Durchschnitt dennoch um 4,1 Mrd. Euro höher als im Referenz-Szenario (+0,1 Prozent jährlich). Auf dem Arbeitsmarkt zeigen sich durchwegs positive Effekte bei der Zahl der Erwerbstätigen. Sie liegt im Wasserstoff-Szenario bis 2045 um durchschnittlich rund 57 000 Personen höher als im Referenz-Szenario. In absoluten Zahlen hat vor allem das Baugewerbe einen höheren Arbeitskräftebedarf, der mit dem Ausbau erneuerbarer Energien für die Erzeugung von grünem Wasserstoff und dem Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur einhergeht. Positive Effekte gibt es auch in den Bereichen Architektur- und Ingenieurbüros, technische Untersuchung, Erziehung und Unterricht sowie im Maschinenbau. Mittelfristig kommt es zu einem niedrigeren Arbeitskräftebedarf bei der Herstellung von chemischen Erzeugnissen, was sich langfristig jedoch wieder relativiert. Der Blick auf die Berufsgruppen zeigt unter anderem einen höheren Bedarf bei den administrativen Berufen sowie bei diversen Bauberufen. Dabei wird deutlich, dass es in vielen dieser Berufsgruppen bereits heute zu Engpässen kommt, was den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft verzögern kann. Zudem zeigt die Sensitivitätsanalyse, wie wichtig die Strompreise und die damit verbundenen Kosten von Wasserstoff und Wasserstoffderivaten für die Entwicklung der Wirtschaft und der Erwerbstätigenzahlen sind. Kommt es zu 20 Prozent niedrigeren Strompreisen für die Elektrolyse im Ausland, liegen das inländische BIP bis 2045 durchschnittlich um 7,7 Mrd. Euro und die Erwerbstätigenzahlen um durchschnittlich rund 66 000 Personen höher als im Referenz-Szenario. Wären die Strompreise um 40 Prozent geringer, so lägen das inländische BIP um durchschnittlich 11,2 Mrd. Euro und die Erwerbstätigenzahlen um durchschnittlich rund 76 000 Personen höher. Das BIP und die Erwerbstätigenzahlen fallen also umso höher aus, je günstiger Wasserstoff zur Verfügung gestellt werden kann. Im Szenario-Vergleich sind dabei die relativen Kosten von Wasserstoff und Wasserstoffderivaten zu fossilen Energieträgern und Grundstoffen ausschlaggebend. So kann es auch bei stärkeren Preissteigerungen von fossilen Energieträgern und Grundstoffen aus rein wirtschaftlichen Gründen vorteilhaft sein, auf alternative Energieträger und Grundstoffe wie Wasserstoff umzusteigen. Staatliche Maßnahmen können dabei unterstützen, eine marktwirtschaftliche Dynamik in der ökologischen Transformation anzustoßen.